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Verhaltenstherapie
Flooding (Reizüberflutung)
Der Patient wird erst in der Vorstellung, dann in der Realität mit extrem angst- und spannungsbesetzten Situationen konfrontiert. Für unsere junge Frau könnte das zum Beispiel bedeuten, dass sie einige Tage lang ihre Kleidung nicht wechseln darf und eine starke Verschmutzung ihrer Hände aushalten muss. Diese Reizüberflutung bewirkt, wenn – gestützt und unterstützt durch den Therapeuten – das Belastende dieser Situation ausgehalten wird, eine Art von Gewöhnungseffekt und bringt vor allem auch neue positive Erfahrungen. Die Betroffenen erkennen dass sie Ängsten, Zwängen, Verstimmungszuständen und körperlichen Befindensstörungen nicht gänzlich hilflos ausgeliefert sind, sondern dass sie diese Situation auch selbst beeinflussen und mitgestalten können.
Möglichkeiten und Gerenzen der Verhaltenstherapie
Die Effektivität der verhaltenstherapeutischen Techniken und Methoden ist sehr gut belegt, so dass eine solche Therapie von den Kassen meist erstattet wird. Hinsichtlich der theoretischen Begründung ergeben sich allerdings manchmal gewisse Zweifel: Ist es tatsächlich so, dass viele psychischen und psychosomatischen Beschwerden und Symptome mehr oder weniger ausschließlich auf fehlerhafte Lernprozesse reduziert werden können? Kann die Entstehung von Zwangshandlungen und Zwangsgedanken nicht auch daraus resultieren, dass im Menschen angelegte, seelische Mechanismen zur Kontrolle und zur Vergewisserung zum Selbstläufer werden und dass somit ein im Grunde nützliches Prinzip von Rückkoppelung und Kontrolle aus den verschiedensten Gründen Überaktivität zeigt, vergleichbar der Entgleisung körpereigener Abwehrmechanismen bei sog. Auto- Immunerkrankungen?
Neben Schwierigkeiten in den theoretischen Grundannahmen von Verhaltenstherapie gibt es auch manchmal praktische Schwierigkeiten bei der Durchführung. So ist z. B. bei Zwangshandlungen, wie übermäßigem Waschen und Kontrollieren, eine übende Behandlung eher möglich als bei Störungen, die sich nur in der Gedanken- und Gefühlswelt abspielen. (z. B. bei Zwangsgedanken). Zudem muss der Patient bei der Verhaltenstherapie, wie bei vielen anderen Psychotherapien auch, zur Mitarbeit bereit sein und viel Geduld mitbringen, weil sich Verhaltensänderungen naturgemäß nicht "über Nacht" einstellen. Verhaltenstherapien sind sowohl ambulant in der Praxis des Arztes und Psychotherapeuten als auch stationär im Krankenhaus möglich. Ambulante Behandlungen werden wie andere medizinische Maßnahmen grundsätzlich von der Krankenversicherung bezahlt. Stationäre Behandlungen, die bei ausgeprägten langwierigen psychischen und psychosomatischen Störungen angezeigt sind, gelten manchmal als Krankenkassenleistung, manchmal werden sie aber auch in sog. kurklinischen Einrichtungen über den Rentenversicherungsträger (BfA/LVA) finanziert. Je nach Störungsbild dauern stationäre Behandlungen einige Wochen bis Monate. Bei stark ausgeprägten Zwängen, massiver Angst und sehr erheblichen psychosomatischen Beschwerden ist eine begleitende Therapie mit Angst und Spannung lösenden Medikamenten und Antidepressiva möglich und sinnvoll.
